
Jet d'eau à Genève
Als heute Morgen der Wecker klingelte und ich erwachte, dachte ich, nein das kann nicht sein. Schon aufstehen... Ich döste nochmals ein und hatte letzten Endes 25 Minuten Zeit, den Rucksack zu packen, Pflaster anzubringen, mich anzuziehen und auf den Bus zu gehen. Aber das hatte sich gelohnt. Es erwartete mich ein frischer Freitagmorgen, der selbst noch am Erwachen war.

Das war die erste Viertelstunde.. Ihr seht den Weg nicht? Ich hatte ihn auch fast nicht gesehen 😁
Leider musste ich ohne Kaffee aus dem Haus, da die Unterkunft kein Frühstück anbot und die Bäckerei um die Ecke erst um 7 Uhr öffnete. Mein Bus fuhr um 6:38 Uhr... So früh war ich die ganze Zeit noch nie unterwegs 😅
Nachdem ich dann mein Brötchen gegessen hatte, machte ich mich zufrieden auf den Weg. Die Regenwolken der Nacht hatten sich noch nicht ganz verzogen und das Gras, durch das mich die erste Viertelstunde heute führte, war noch nass. 5 Minuten später überquerte ich die Kantonsgrenze nach Genf. Somit befand sich fast meine gesamte letzte Etappe im westlichsten Kanton der Schweiz. Nach der Grenzbrücke Sauverny, die über den Fluss La Versoix führt, tauchte ich ein in den Wald Grand Bois durch den La Versoix fliesst.

Da die Uferzone unter Naturschutz steht, führte der Weg oft entfernt vom Fluss durch den Wald. Aber da die Mücken in den letzten Tagen deutlich zugenommen haben, war mir das recht. Mückenspray hatte ich in der Tat nicht dabei.
Nach zwei Minuten entschied ich mich, meine Socken zu wechseln, da meine Wanderschuhe aus Leder zwar bequem sind aber die Nässe des Gras nicht abgehalten hatten. Und da ich noch 20km vor mir hatte.....
Über dem Fluss hing ein feiner Morgennebel und das Wasser floss schnell dahin.

Ich hoffte eigentlich, aufgrund der frühen Zeit Rehe zu sehen. Aber dieser hier war auch ganz niedlich.
Etwas später wechselte der Pfad auf einen breiteren Weg, der fortan durch den Wald führte. Der Wald war hell und die Bäume hoch - das, und der breite Weg lösten in mir ein Gefühl von Freiheit aus. Auf diesem Abschnitt kam ich an einem Grabhügel vorbei, der aus den Jahren 600-800 vor Christus stammen soll.
Nach Bâtie, wo vom 16. Jahrhundert bis 1880 eine Papiermühle mit dem Wasser des Versoix betrieben wurde, wechselte der Weg wieder auf einen Waldpfad. Hier geht es nun auch wiedereinmal ein paar Holzstufen hinunter. Und später dann wieder hinauf. Ich hatte das Gefühl, die erste Person zu sein die heute morgen hier durchgeht. Denn ich spürte etwas wie ganz feine Spinnenfäden auf meinen Armen als ich über diesen schmalen Waldpfad ging.

Diese Brücke musste ich über eine kleine Umleitung umgehen
Um 8:50 Uhr hatte sich auch der Himmel geöffnet. Die Wolken waren ein wenig zurückgegangen und die Sonne schien durch die Blätter der Bäume.
Diese Wege führten mich seit dem Morgen durch die réserve naturelle de Combes Chapuis und "Les Dauves".
Nach Unterquerung einer Autobahnbrücke ging es an einem Ackerfeld vorbei in Richtung Genthod. Eine Stunde durch den Wald später trat ich heraus und befand mich in der Anfluglinie zum Flughafen Genf. Für einen Moment blieb ich stehen, schaute 3, 4 mal zum Himmel als Flugzeuge über mich hinweg flogen und träumte davon, bald selbst wieder in einem Flugzeug zu sitzen.

Ich kam Genf immer näher und doch warteten noch mehr als 10km, die begangen werden wollten, auf mich. Wobei mit der Nähe zu Genf und der damit verbundenen Zivilisation auch die Chancen auf meinem ersten Kaffee des heutigen Tages stiegen. Und ein paar Minuten später, um 10:28 Uhr, bestellte ich einen Kaffee im Garten des Restaurant Château de Genthod.. 😁 Später zeigte sich mir erneut ein Vorteil, zu Fuss unterwegs zu sein - versperrte ein Lieferwagen die Strasse und der Bus musste warten - ich schlängelte mich mit meinem Rucksack einfach hindurch.
Kurz vor 11 Uhr bog ich um eine Ecke, noch immer im Dorf Genthod, und sah in der Ferne bereits den Jet d'eau..

11 km trennten mich zu dem Zeitpunkt noch von meinem Etappen-und Wanderziel der letzten 3 Wochen
So ging es zwischen Genthod und Les Tuileries den Bahngleisen entlang, abgeschirmt durch Hecken, begleitet von Zug und Fluglärm, bevor der Weg erneut abbog, um mich in einem Bogen durch einen Waldstück zu führen. Ich hätte geradeaus weitergehen und abkürzen können, der Wald war mir aber eine willkommene Alternative, die ich gerne in Anspruch nahm. Vorallem auch, weil mich meine Füße heute super getragen haben!

Unerwartete Landschaft auf den letzten 5km nach Genf
Es war 11:55 Uhr und ich froh, bereits um 7 Uhr losgegangen zu sein. Die Hitze in der Sonne drückte, wenn der Schatten und der frische Wind fehlte.
Für die letzten 5km benötigte ich die meiste Zeit. Nicht etwa, weil ich müde war - ich fühlte mich sehr gut und fit. Nein, es gab hier ein Häuschen, dort ein Park, da ein Weg... Unterhalb des botanischen Gartens machte ich erst mal eine Rast - hatte ich seit dem Brötchen am Morgen und der Cervelat zwischendurch doch noch nichts gegessen. Ich verspürte auch den Wunsch, anzukommen, bis zum jet d'eau zu gehen - aber ich musste mich ja nicht beeilen. Ich hatte Zeit und genoss es, in die Stadt hineinzuschlendern. Was sich übrigens wider erwarten als ganz schön herausstellte. Ich befürchtete, oft zwischen Häusern hindurch in der Wärme gehen zu müssen - aber es gab viele grüne Ecken und Wege..
Gegen 15h war ich, mit ein paar Zwischenhalten, beim jet d'eau angekommen - nach gut 434km und 20 Tagen, von Stein im Toggenburg bis nach Genf.

Es war ein tolles Erlebnis und ich fühle mich nach wie vor frei und priviligiert, so was einfach so unternehmen zu können.
Finale Etappe https://strava.app.link/AnMIBJU6Pgb
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